Überblick
Die Aufgabe im Projekt "Wissenschaftliches Kolleg" - oder kurz WK - ist es, eine wissenschaftliche Arbeit über ein aktuelles Forschungsthema zu verfassen. Das Ganze kann man sich in etwa wie eine Abschlussarbeit vorstellen. Worin genau die Unterschiede liegen, werde ich euch in den nächsten Wochen genauer berichten.
Keine Angst! Ich werde hier jetzt nicht mit hundert Fachbegriffen um mich werfen, sodass keiner mehr versteht worum es eigentlich geht.
Ich beschäftige mich Recyclingmaterial das aus Betonbruch besteht. Dabei ist das Material so fein aufgemahlen worden, dass eigentlich nur noch feines Pulver übrig ist. Deswegen spricht man hier von Recyclingmehlen.
In meinem Projekt führe ich eine Methoden-entwicklung durch und vergleiche verschiedene Verfahren mit einander, um die Zusammen-setzung des Recyclingmehls bestimmen zu können. Das ist wichtig, um den Zement im Beton durch das Recyclingmehl teilweise ersetzen zu können und so die CO2-Emissionen senken und den Ressourcenverbrauch verringern zu können.
Hi, ich bin Emily, Masterstudentin im 3. Fachsemester im Studiengang Baustoffingenieurwissenschaft. Im Bachelor habe ich den "klassisschen" Studiengang Bauingenieurwesen studiert wodurch mein Interesse an Baustoffen geweckt wurde.
Ich freue mich auf die Projektarbeit in diesem Semester - zumindest so sehr, wie man sich eben auf's Studium freuen kann;) Ich bin gespannt euch hier mit zu nehmen und das Projektstudium aus studentischer Sicht und meiner Perspektive zu zeigen.
Das Sommersemester startete für mich, wie für alle anderen Studierenden der Bauhaus-Universität am Dienstag, den 01.04.2025. Können wir mal bitte ganz kurz darüber reden, warum das Semester eigentlich an einem Dienstag starten muss? Für mich war dieser Tag jedoch gleich ein wichtiger Tag des Semesters. Denn heute steht die Auftaktveranstaltung des Wissenschaftlichen Kollegs an.
Das Projekt ist vergleichbar mit einer Bachelorthesis im Umfang, allerdings weicht es durch einige Besonderheiten von einer regulären Abschlussarbeit ab. Beispielsweise sind die Themen nur begrenzt wählbar – dazu später aber mehr. Insbesondere unterscheidet sich dieses Format durch die Bewertungsweise. Neben einer schriftlichen Ausarbeitung, die zu 70 % in die inhaltliche Note einfließt, ergeben sich die restlichen 30 % aus der Abschlusspräsentation. Diese Note geht allerdings nur zu 70 % in die Gesamtnote ein. Die restlichen 30% ergeben sich durch die Mitarbeit. Zusätzlich finden nach 3 Wochen, sowie nach ca. 7 Wochen nach Projektstart eine Präsentation zur Literaturrecherche und eine Zwischenpräsentation statt. Diese werden nicht bewertet, was definitiv eine Besonderheit aber auch eine besondere Herausforderung für mich persönlich im Projekt-studium darstellt.
Zurück zur Auftaktveranstaltung. Hier wurden ausgewählte Themen innerhalb von jeweils 5 Minuten durch die zugehörigen Betreuer vor-gestellt. Im Anschluss durften oder besser gesagt mussten wir (meine Kommilitonen und ich) uns einigen, wer welches der vorgestellten Themen bearbeiten möchte. Das war tatsächlich gar nicht so einfach da es uns schwerfiel, innerhalb von 5 Minuten ein Thema so weit zu durchblicken, sodass man sich was darunter vorstellen kann.
Update aus der Recherchephase
Es gibt super wenig Literatur zu meinem Thema. Vor dem Hintergrund, dass die Arbeit im Rahmen eines realen Forschungsprojekt steht, gibt es noch keine Veröffentlichungen dazu. Jetzt steht bald die Präsentation der Literaturrecherche an. So richtig Glücklich über die wenigen Paper und Veröffentlichungen die es gibt bin ich nicht. Naja so ist das wohl manchmal, wenn man sich mit neuen Thematiken auseinander setzt.
Trotz meiner Bedenken und der wenigen Literatur, ist es mir gelungen eine ordentliche Präsentation zur Literatur zu erstellen. Das heißt: Die Arbeit im Labor kann los gehen. Damit beginnt der Part, auf den ich mich im Vorfeld am meisten gefreut habe!
Als erstes musste ich Termine mit den entsprechenden Mitarbeitern ausmachen, wann ich meine Proben homogenisieren, also so vorbereiten kann, sodass ich wissenschaftliche Untersuchungen durchführen kann. Zum Glück klappt das direkt morgen. Ich konnte auch gleich die nächsten Termine ausmachen, damit ich mit den ersten "richtigen" Versuchen starten konnte.
Der erste Labortag zur Vorbereitung der Proben gestaltete sich eher langweilig. ABER: auch das gehört nunmal dazu! Da ich jeweils Wartezeiten von 30 Minuten hatte, in denen ich aber noch nichts Sinnvolles erledigen konnte hieß es für mich Däumchen drehen und warten. Am Ende des Mittags hatte ich dann allerdings alles geschafft und konnte meine Proben, fertig zur „Weiterverarbeitung“, im Arbeitsraum deponieren.
Nach ersten Gesprächen mit den Geräteverantwortlichen für die zu entwickelnde Methode, stellt sich heraus, dass mein Material vielleicht ungeeignet ist. Durch den Mahlprozess ist das Recyclingmehl sehr fein, möglicherweise zu fein für das Rasterelektronenmikroskop. Jetzt heißt es Daumen drücken, dass es klappt und abwarten, bis die Proben entsprechend präpariert sind. Das darf ich in diesem Fall nämlich nicht selbst machen. Dafür sind spezielle Skills und etwas Übung notwendig, was wir Studis in der Regel nicht haben.
erste Versuchsreihe
erste Versuchsreihe
Um 8:00 Uhr startete für mich der erste Tag im Chemielabor (warum hab‘ ich mir das auch nochmal so früh gelegt??). Notiz an mich selbst: Keine Termine mehr vor 9 Uhr vereinbaren. Die Versuche liefen zum Glück ohne Probleme. Mit Blick auf die Uhr war der Tag durch Frühstücks- und Mittagspause doch auch sehr sportlich bemessen. Ich dachte ich würde ganz entspannt bis spätestens 14 Uhr alles erledigt haben… Falsch gedacht! Gegen 15 Uhr war ich immer noch nicht mit allem fertig, sodass ich mich dazu entschieden habe die letzten Proben einfach auf den nächsten Tag zu schieben. Gesagt getan. Und dreimal dürft ihr raten, wann ich den den nächsten Labortag starten werde? Richtg! Um 8 … Naja was das angeht, hab‘ ich wohl nichts dazu gelernt – alles wie immer. Da ich dienstags immer um 16 Uhr zum Unisport gehe, war der Ende des Labortags auch super stressig. Bis ich so weit aufgeräumt hatte, dass ich am nächsten Tag weiterarbeiten kann, war es dann auch schon 20 vor vier und ich bin trotz Beeilen ein paar Minuten zu spät zum Kurs gekommen. Damit melde ich mich für heute ab, um halb elf, ihr wisst ja: morgen früh geht’s um 8 wieder ins Labor (mit hoffentlich abgeschlossenen Versuchen deutlich vor 16 Uhr!!)
In der zwischen Zeit ist einiges passiert. Von der Auswertung meiner Ergebnisse bis hin zu den nächsten Untersuchungen. Nach der Auswertung hatte ich erstmal Angst, dass alles falsch ist und ich ALLE Versuche nochmal machen muss. Turns out: die Ergebnisse waren gut so wie sie waren. Also mal wieder völlig um sonst stress gemacht und gepaniked. Ich glaube, dass ist es, was Projektstudium ausmacht: ewig lang an einer Sache arbeiten, ohne zu wissen, ob es hinhaut oder nicht. Macht sich Sorgen darüber und stresst sich wegen Dingen, die völlig unklar sind, um dann in den meisten Fällen rauszubekommen, dass es doch ganz gut passt. Jetzt sitze ich schon Tage an der Auswertung meiner vergleichenden Versuchsreihe und fühle mich sehr lost. Nach der ersten kurzen Einschätzung meiner Ansprechperson, gabs noch einige Punkte, die noch nicht stimmen – am Montag habe ich dann ein Meeting zur Korrektur. Da heißt es Daumen drücken, dass es einigermaßen hinhaut.
Das seht ihr hier im Bild:
Gelb | Hydratphasen |
Rot | Quarz |
Grün | Carbonate |
Blau | Kinkerphasen |
Türkis | Minerale |
Hier seht ihr, was ich für die Auswertung mache und vor allem was am Ende bei raus kommt. Für alle fachfremden, long story short: Man sieht in diesem Bild das Recyclingmehl unter dem Rasterelektronenmikroskop. Ich "bearbeite" das schwarzweiss Bild bunt, sodass ich am Ende Rückschlüsse auf die Zusammensetzung der Probe erhalten kann. Das mache ich für vier verschiedene Proben. Dabei hat natürlich jede Farbe eine eigene Bedeutung, bzw wird einem anderen Bestandteil zugeorndet.
Das schwarzweiss Bild ist ein sogenanntes BSE-Bild. Dabei wird im Rasterelektronenmikroskop ein Rückstreuelektronenbild der Probe erzeugt über die Detektion der Elektronen. Anhand der Kontraste, sowie über die Oberflächenbeschaffenheit können in Kombination mit der EDX-Analyse, also das wodurch das bunte Bild entsteht, Rückschlüsse auf die einzelnen Bestandteile gezogen werden. Die EDX ermöglicht einen Aufschluss über die chemische Zusammensetzung, anhand der eine Zuordnung der Phasen vorgenommen werden kann.
Diese Woche steht die Besprechung der Auswertungen an. In 6 Wochen ist schon Abgabe und es sollen am Ende 30-60 Seiten abgegeben werden... langsam beginnt der Stress. Nächste Woche ist dann auch Zwischenpräsentation, dafür muss ich bis Donnerstag meine Folien fertig haben, sodass meine Betreuerin nochmal draufschauen kann.
Zusätzlich stehen weitere Versuche im Labor an, die werde ich allerdings so planen, dass ich nach der Zwischenpräsentation damit beginne werde.
Heute stand die Zwischenpräsi an. Einerseits eine gute Möglichkeit um nochmal ein bisschen Input von den Betreuenden zu bekommen, andererseits auch super nervig, da es doch recht zeitintensiv ist eine gute Präsentation zu erstellen, die genau 15 Minuten dauert. Die Präsentation wird nicht bewertet, trotzdem möchte ich diese gut machen. Das heißt, man investiert Zeit die man aber auch gut an einer anderen Stelle gebrauchen könnte. Naja, ist jetzt geschafft, Feedback war gut, jetzt heißt es nächste Woche nochmal ins Labor und in der Zwischenzeit die Auswertung weiter bringen. Wie ihr merkt: die Abschnitte werden kürzer, das heißt: der Stress wird größer. In 5 Wochen ist Abgabe und eine Woche steht noch eine Exkursion an.
Jetzt stehen noch einige Analysen im Labor aus, die ich schnellst möglich erledigen sollte, um die Auswertung rechtzeitig zu schaffen und gleichzeitig auch noch genügend Zeit für einen Textabschnitt habe...
Die Röntgendiffraktometrie (XRD) der Probe sowie die Röntgenfluoreszensanalyse (RFA). Damit kann ich vergleichend herausfinden, wie viel Zement in meinem Recyclingmehl vorhanden ist. Für die Interessierten unter euch: ich bestimme den amorphen Anteil, der dem Zementsteinanteil gleich gesetzt werden kann.
Mir ist aufgefallen, dass mir Werte fehlen, die ich unbedingt zur Auswertung brauche... jetzt heißt es hoffen, dass die Geräteverantwortlichen da sind und Zeit haben, mir so schnell es geht zu helfen, dass das alles noch was wird...
Kurz vor Schluss sind mir auch einige Feinheiten aufgefallen, die ich anders hätte machen können, wenn die Bearbeitungszeit nicht mit Erhalt des Themas gestartet hätte. Das sind dann eben ein paar schöne Ideen für den Ausblick. Leider muss man oft am Ende eines Projekts feststellen, dass man zentrale Punkte anders gemacht hätte, hätte man das gleiche Wissen schon zu Projektstart gehabt. Alles in allem bin ich trotzdem zufrieden mit dem Stand meiner Arbeit.
Einige Nachtschichten später und ich habe den Entwurf meiner Texte an meine Betreuerin geschickt. Jetzt heißt es hoffen, dass sie auch zufrieden ist und ich nicht mehr zu viel Arbeit die nächste Woche in den Inhalt stecken muss... Ich bin jedenfalls im Großen und Ganzen zufrieden und der Meinung, dass sich der große Aufwand gelohnt hat – und das ist bei so einem Projekt doch irgendwie auch das Wichtigste!
Die kommende Woche steht dann noch Formatierung und der ganze Quatsch an, sodass ich hoffentlich nächsten Montag drucken kann und am Dienstag pünktlich abgebe.
Jede Projektarbeit aufs Neue muss ich lernen, dass man irgendwann auch einfach fertig ist. Klar wenn man noch eine Woche länger Zeit hätte, kann man immer wieder etwas verbessern und ergänzen. Irgendwann ist dann aber auch der Punkt gekommen, an dem man es dabei belassen soll und sich über das Ergebnis freuen kann.
Endlich ist der schriftliche Teil gedruckt und ich habe die Datei abgeben können! Das ist doch immer irgendwie der schönste Moment wenn endlich die Worddatei, die seit Wochen immer geöffnet ist, geschlossen werden kann. Jetzt muss ich mich nur noch um die Abschlusspräsentation kümmern, die nächste Woche noch ansteht. Das ist zum Glück nicht mehr ganz so viel Arbeit, da die Daten ja schon vorliegen und die Auswertung auch schon erfolgt ist. Die größte Herausforderung meiner Meinung nach besteht jetzt darin, alles innerhalb von 20 Minuten insoweit zu erklären, dass es eine schöne, runde Präsentation wird.
Die Abschlusspräsentation lief gut und auch das Feedback von meiner Betreuerin war positiv. Jetzt heißt es nur noch die Note abwarten in der Hoffnung, dass die auch zu meiner Zufriedenheit ausfällt.
Rückblickend möchte ich abschließend noch ein kurzes persönliches Fazit zum Projekt und dem Projektstudium im Allgemeinen festhalten. Ich habe dieses Semester wieder aufs Neue feststellen können, wie sehr ich Projekte im Studium mag, jedoch auch wie viel besser mein eigenes Zeitmanagement sein könnte (diese Erkenntnis kommt bei mir aber jedes Semester). Gerade die flexible Arbeitsweise uns das „einfach mal drauf los“ arbeiten hat mir gut gefallen. Klar habe ich mich auch an der ein oder anderen Stelle eine konkrete Aufgabenstellung gewünscht, aber das ist glaube ich ganz normal.
p.s. ich bin mit der Note mehr als zufrieden, wodurch ich für mich festhalten kann, dass sich der Stress, die Nachschichten und der ganze Aufwand insgesamt doch sehr gelohnt hat.
Ich hoffe ihr habt einen guten Einblick bekommen, der nicht zu fachlich war, sodass ich hoffentlich nicht die Hälfte von euch unterwegs verloren habe. Damit melde ich mich hier ab!